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Fürstentum Ratzeburg
Nach den Bestimmungen des Westfälischen Friedens fiel das Bistum
Ratzeburg 1648 als Fürstentum Ratzeburg an Mecklenburg als
Entschädigung für die an Schweden abgetretenen Gebiete Wismar,
Neukloster und die Insel Poel. Bis zu dieser Säkularisation war
das Bistum ein selbständiger geistlicher Staat gewesen, der fast
500 Jahre bestanden hatte.
Das Fürstentum Ratzeburg wurde in drei Ämter aufgeteilt: Schönberg
und Stove, die zum bischöflichen Tafelgut gehört hatten, und
Schlagsdorf, das die über das ganze Land verstreuten Kapiteldörfer
umfaßte. Die bischöfliche Herrlichkeit hatte bereits mit der
Reformation ein Ende genommen. Trotzdem hatte das Bistum unter
weltlicher Herrschaft zäh seine Eigenständigkeit bewahrt. Schonend
wurden die alten Verhältnisse in die neue Zeit übergeleitet.
Im bischöflichen Lande hatte es keine adligen Grundherren gegeben.
(Das einzige Gut innerhalb des Landes war Torisdorf, das sich erst
um 1600 entwickelte.) Hier war das unpersönliche Stift als
Grundherr an einem freien, wohlhabenden, sesshaften Bauerntum
interessiert. Anders war es im mecklenburgischen Nachbargebiet, wo
die Ritter allmählich zur Eigenwirtschaft übergegangen waren und
eine Grundherrschaft ausübten, woraus sich später die
Gutswirtschaft entwickelte, der die Bauern alle Dienste zu leisten
hatten und leibeigen wurden.
Im Bistum dagegen erhielt sich bis in das 17. Jahrhundert in einer
seltsam altertümlichen Form das Landgericht, wo unter Leitung des
landesherrlichen Beamten die freie Bauernschaft unter freiem Himmel
zusammentrat und sich selber das Recht sprach (Schlagsdorfer
Gerichtslinde, Bechelsdorfer Gerichtslaube, Schönberger Amtshaus,
Stove, Petersberg). Kein Richter entschied, sondern die
Bauernschaft durch einen Ausschuss von 20 bis 24 Männern. Es
herrschte kein geschriebenes Strafgesetz, kein römisches,
landfremdes Buchstabenrecht, sondern mündlich überliefertes
Gewohnheitsrecht, uralte Väterweisheit, So erwuchs diesem Land ein
selbstbewusstes Bauerntum von starker Tradition.
Quellende Bauernkraft füllte bald nach dem 3o jährigen Kriege die
verödeten Dörfer wieder auf und nahm unverdrossen die wüsten Äcker
wieder unter den Pflug.
Wie die Entwicklung beider Länder, des Bistums Ratzeburg und
Mecklenburgs, verschiedenartig verlaufen war, so zeigte auch die
Art der Bevölkerung ein völlig verschiedenes Gepräge. Beide Länder
waren ursprünglich reines Bauernland gewesen. Doch die
wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnisse lagen von vornherein
in beiden Gebieten anders. Im Fürstentum Ratzeburg blieb das ganze
Land (außer Torisdorf) in den Händen der Bauern. Sie waren
wirtschaftlich gut gestellt und immer freie Bauern geblieben. Den
Druck der Leibeigenschaft hatten sie nie kannengelernt. Nie waren
die Stiftsbauern in Hinsicht auf Freiheit oder Eheschließung
beschränkt worden. Abgaben und Dienste waren im allgemeinen gering.
Eine nicht geringe Zahl alteingesessener Bauernfamilien geht auf
die Kolonisation zurück.
Noch deutlicher traten diese Gegensätze hervor, als 1701 aus dem
Fürstentum Ratzeburg und dem Kreis Stargard das Herzogtum
Mecklenburg-Strelitz geschaffen wurde. Zwischen beiden Landesteilen
lag nun Mecklenburg-Schwerin in seiner ganzen Breite, wodurch eine
Zentralverwaltung von Strelitz aus von vornherein ausgeschlossen
wurde. Daher blieb auf dem Domhof Ratzeburg eine fast völlig
selbständige Verwaltung bestehen, die ziemlich selbstherrlich
regierte. Das Bistum wurde nicht einverleibt, sondern behielt seine
von Strelitz getrennten Behörden.
Vom Nordischen Krieg (1700-1721) blieb das Fürstentum nicht
verschont. Stellten sich die Russen vom Osten her ein, so rückten
die Dänen vom Westen heran, um das schwedische Wismar zu nehmen.
Besonders das dänische Heer lebte von den Erzeugnissen des
Ratzeburger Landes und machte 50 Jahre Aufbauarbeit wieder
zunichte. Zur Zeit des Siebenjährigen Krieges ( 1756-1763 ) setzte
eine Geldentwertung ein. Das gute Geld verschwand und wanderte in
die preußischen Münzen, von wo es in minderwertiger Form
wiederkehrte.
Die Mecklenburg-Strelitzer Herzöge betraten das Fürstentum
Ratzeburg nicht; doch nahm die Witwe Adolf Friedrichs III.,
Dorothea Sophie von Holstein-Ploen, 1753-1756 ihren Wohnsitz in
Schönberg. Danach verfiel das stattliche Schloss völlig und wurde
1802 niedergerissen. Die mächtigen Steine wurden zum Bau von
Amtshäusern verwandt. ( Erst die drei vorletzten Großherzöge
Georg, Friedrich Wilhelm und Adolf Friedrich V. weilten zu kurzem
Besuch im Lande.)
Um 1800 setzte eine Agrarreform ein. Die bisherige Gemenglage, die
sich aus der Dreifelderwirtschaft ergeben hatte, war zum Teil schon
durch die Verkoppelung der Dörfer aufgehoben. Bei der nun folgenden
Regulierung wurde den Bauern das Eigentum an ihren Stellen
zugesprochen. Dafür mussten sie allerdings ein Stück Acker abgeben;
denn bei dem bestehenden Holzmangel war eine Neuaufforstung
unbedingt notwendig. So entstanden die staatlichen Zuschläge. Um
den Eigenbedarf an Holz zu decken, wurde den Bauern aufgegeben,
Buschkoppeln anzulegen und die Felder nach holsteinischem Muster
mit Wallhecken (Knicks) einzufriedigen, die dem Landschaftsbild im
Gegensatz zu der breiten, offenen mecklenburgischen Landschaft den
charakteristischen Reiz verleihen.
Durch die Regulierung der Dörfer wurde die Bewirtschaftung der
Bauernstellen viel einfacher. Der mittelalterlich-weitläufige Wust
von Abgaben wurde jetzt in Form eines Grundzinses zusammengefasst,
der in Korn nach dem Martinipreis berechnet wurde. Alle Dienste,
auch in sogenannten Kapiteldienste, wurden im Laufe der Zeit
abgelöst. Der Bauer konnte in Zukunft seine Stelle frei vererben,
nur die Unteilbarkeit der Stelle blieb bestehen. Bei Veräußerung
einer Stelle an Fremde musste der sogenannte Zehnte und
Zahl-Schilling geleistet werden, der 16 ¼ % des Verkaufspreises von
Grund und Boden nebst Gebäuden betrug. Diese Einrichtung bestand
seit Jahrhunderten zu dem Zweck, die Sesshaftigkeit der Bauern zu
fördern und den Verkauf der Höfe an Fremde zu erschweren.
Die Napoleonische Zeit ließ noch einmal die Erinnerung an alle
Schrecken des 3O jährigen Krieges aufleben. Nach der Schlacht bei
Jena flutete das preußische Heer durch Mecklenburg zurück. Die
französische Heeresabteilung, von der Blücher verfolgt wurde, kam
am 5. November 1806 durch Schönberg. Bei der mehrtägigen
Plünderung verloren viele Einwohner ihr gesamtes Hab und Gut. Doch
das war erst der Anfang. Da die Verkehrsstraßen Schwerin-Lübeck und
Wismar-Hamburg durch das Land führten, so hatte es unter den
Durchzügen der Truppen ungemein zu leiden. Überdies legten
russische Schiffe häufig vor Travemünde an. Bisweilen sah das Land
wie ein Feldlager aus.
Oft mussten die französischen Truppen kasernenmäßig verpflegt
werden. Die Höfe hatten Hafer, die Dörfer der Reihe nach je eine
Kuh zu liefern. Allgemeine Brandschatzungen machten das Land
bettelarm. Pastor Friedrich Riemann, Vater des Burschenschafters
und Wartburgredners Heinrich Arminius, in Schönberg 1801-1809,
berichtet im November 1806: ,, Mein Korn-, mein Heuboden ist leer,
meine Scheune ist es bald; meine Vorrats-, meine Rauchkammer, mein
Keller - alles rein ausgeleert. Ich habe kaum noch ½ Fuder
Heu.
Der Historiker Heinrich Franke berichtet als Augenzeuge: Die
Einwohner wurden barbarisch vom Feinde mißhandelt, wenn kein
Geständnis verborgener Schätze mehr zu erpressen war. Kisten und
Schränke wurden zerschlagen, alles mutwillig zerstört und die
unglücklichen Familien halbnackt verjagt. Väter, denen Rock und
Stiefel ausgezogen waren, wurden mit Kindern unter den Armen und
auf dem Rücken, Frauen mit weinenden Säuglingen an der Brust in
kalte Hölzungen und unzugängliches Röhricht getrieben. Hier im
Dickicht standen auch zum Teil die Pferde und Kühe der armen
Geflüchteten. Höhlen unter der Erde bargen sie vor Sturm und Kälte.
Die Wohnungen in den Dörfern standen leer oder waren ein Raub der
Flammen geworden. Die Plünderung ward besonders auf dem Lande mit
empörender Grausamkeit betrieben. Die Marketenderwagen fuhren vor
die Haustüren und wurden hoch mit Betten, Leinenzeug, Kleidern,
Silbergeschirr und kostbarem Hausgerät beladen. Muhrats Kürassiere
schütteten nach vollbrachtem Tagewerk das Geld scheffelweise auf
den Scheunendielen aus, um es nach ungefährem Augenmaß unter sich
zu teilen. Ihre gesattelten Pferde standen auf dem Dreschkorn und
verdarben die hingebreiteten Lagen. Im Hause, wo die besten Sachen
verborgen waren, wurde geschmaust und gezecht; betrunken lagen die
Räuber auf der Erde und drohten das Haus anzuzünden, wenn der nach
Wein zur nächsten Stadt geschickte Bote nicht zur Rechten Zeit
einträfe. Herr und Frau lagen auf den Knien, die Kinder winselnd in
einem Winkel.
Von Stettin über Lübeck nach Hamburg richteten die Franzosen 1810
eine Briefbeförderung ein. In Schönberg hatten daher unausgesetzt
bei Tag und Nacht zwei leichte, mit Pferden bespannte Wagen
bereitzustehen um eine Ordonnanz bis Lübeck oder Grevesmühlen zu
befördern. Diese Wagen mussten von den Bauern der Reihe nach
gestellt werden. Es war Vorschrift, dass zur Meile nicht mehr als
eine Stunde gebraucht wurde, die Wege mochten sein, wie sie
wollten.
Es kam das Schreckensjahr 1813. Das Fürstentum Ratzeburg wurde
Kriegsschauplatz. Die schwachen Truppen mussten vor dem
französischen Marschall Davoust und den Dänen weichen. Dazu kam das
Völkergemisch der alliierten Truppen und machte das Elend im
Verhältnis zu früher noch größer.
Am 5. September erzwangen Franzosen und Dänen auf der Flucht den
Übergang über die Maurinebrücke der Sabower Straße in Schönberg. Um
den Verfolgern das Nachsetzen zu erschweren, zündeten sie die
Brücke samt dem Torhause an, ebenfalls die an der Straße gelegenen
Häuser. Bald standen 22 größtenteils strohbedeckte Häuser bis zum
Kalten Damm in Flammen. Nach gründlicher Plünderung des Ortes
zogen sich die Franzosen und Dänen nach Lübeck zurück. Bei der
Verfolgung fiel der Kommandeur der hanseatischen Legion, Major von
Arnim, dessen Leiche in der Schönberger Kirche beigesetzt
wurde.
In dem Gefecht bei Schlagbrügge am 6. Oktober waren Schullsche
Husaren und Lützowsche Jäger beteiligt, darunter viele
Mecklenburger (C-Husaren des Herzogs Carl, dessen Sohn in der
Schönberger Apotheke Quartier bezogen hatte).
Theodor Körner von der Lützowschen Freischar war bereits in den
letzten Augusttagen unweit Rosenhagen bei Gadebusch gefallen. Am
zweiten Weihnachtstage wurden 60 vierspännige Wagen zum Transport
der russischen Truppen benötigt. Januar 1814 ging schwedische
Kavallerie durch das Fürstentum. Diese befreundeten Truppen
benahmen sich so schlecht, dass die Quartierwirte in der
Winternacht ihre Wohnungen verließen und den schlimmen Gästen alles
preisgeben mussten.
Da die Regierung auf den Ratzebürger Domhof in der Zeit der
Erhebung völlig versagte, übernahm der Gerichtsrat und Amtmann
Twachtmann in Schönberg aus eigenem Antrieb die Verwaltung des
Landes und hielt die Verbindung mit der Landesregierung in Strelitz
aufrecht. Die Ratzeburger Regierung auf dem Domhof wurde daher 1814
aufgelöst und statt ihrer eine Landvogtei in Schönberg mit Justiz-
und Domänenamt eingerichtet. Schönberg wurde 1822 das Stadtrecht
verliehen, blieb aber amtssässig bis 1918.
Von den großen geschichtlichen Bewegungen der Revolutionsjahre 1830
und 1848 wurde das Fürstentum Ratzeburg verhältnismäßig wenig
ergriffen. Der Wunsch nach einer Volksvertretung wurde erfüllt.
Drei Abgeordnete wurden in die National-Versammlung nach Frankfurt
a.M. gewählt, doch in Tätigkeit sind sie nicht getreten. Es blieb
hier alles beim alten.
Infolge der Regulierung konnte sich der Bauer mit einer geringeren
Zahl von Arbeitskräften begnügen. Viele Tagelöhner wurden brotlos,
und der Stand sah seine materielle Sicherheit gefährdet. Für einen
Gekündigten fand sich nicht leicht eine Arbeitsstelle, und die
Schwierigkeit, das Niederlassungsrecht zu erwerben, hinderte ihn,
eine Familie zu gründen. Um einer Abwanderung, wie sie in jenen
Jahren im östlichen Mecklenburg einsetzte, zu begegnen und die
wirtschaftliche Notlage zu beheben, wurden Chausseebauten zum
Zwecke der Arbeitsbeschaffung durchgeführt. Es wurden gebaut: 1817
der Kalte Damm in Schönberg (Denkstein); 1835 die Chaussee
Schönberg-Ratzeburg; 1842 die Marienstraße und die Schweriner
Chaussee: 1844 die Chaussee Schönberg-Selmsdorf-Schlutup, und 1855
wurde der Bau der Rupensdorfer Chaussee begonnen. Zugleich wurde
eine Kanalisierung der Maurine und der Bau des Schönberger Hafens
durchgeführt, in dem gelegentlich Frachtkähne erschienen, die von
Lübeck Kalk und Mauersteine brachten.
Die Unruhen der vierziger Jahre erforderten eine Verstärkung der
Polizei. Deshalb wurde neben den bisherigen Distriktshusaren ein
Gendameriekorps zu Fuß eingesetzt.
Als Großherzog Friedrich Wilhelm 1860 das Land Mecklenburg-Strelitz
mit einer Million Mark Schulden übernahm, wurde fast ein halbes
Jahrhundert auf allen Gebieten der Staatsverwaltung übermäßige
Sparsamkeit geübt. Überall suchte man auf dem Stande der Ausgaben
von 1860 zu bleiben. Ein kultureller und wirtschaftlicher
Stillstand trat ein. Das reiche Fürstentum wurde buchstäblich
ausgesogen, da das ärmere Land Stargard die Schuldenlast nicht
decken konnte.
Nach 44jähriger Regierungszeit hinterließ der überaus sparsame
Landesvater ein Vermögen von 67 Millionen Mark. Wenn es auch
glückliche Börsenspekulationen waren, die es ihm ermöglichten, sich
zu einem der reichsten Fürsten Europas zu machen, so konnten doch
nur die Auskünfte aus dem Ratzeburger Land ihm dazu verholfen
haben. Ihm und seinen Nachfahren haben diese Reichtümer keinen
Segen gebracht.
Das Verhältnis von Mecklenburg-Strelitz gegenüber den Preußen blieb
unfreundlich, denn das Land sympathisierte mit Österreich,
Russland und England, veranlasst durch verwandtschaftliche
Beziehungen des Landesherren. Außenpolitisch hatte
Mecklenburg-Strelitz seine Rolle 1870 ausgespielt.
Die Veränderung in der Erbfolgebestimmung und die große Zollreform
hatten viel Staub aufgewirbelt. Einmütig wandte sich die
Bevölkerung gegen die Maßnahmen und pochte voller Entrüstung
darauf, dass das Fürstentum Ratzeburg kein Teil von Mecklenburg,
sondern nur durch Personalunion mit Strelitz verbunden sei. Unter
dem Druck der Bestimmungen des Norddeutschen Bundes wurde 1869 eine
Art berufsständiger Verfassung gegeben, der neben den drei
Rittergutsbesitzern (Torisdorf und die beiden Enklaven Dodow und
Alt- und Neu-Horst) je drei Vertreter der Geistlichkeit und der
Pächter, zwei Vertreter der Schönberger Bürgerschaft, neun Bauern
und ein Ratsmitglied der Stadt Schönberg angehörten. Unter diesen
21 Stimmberechtigten hätten die Bauern und die Schönberger Bürger
stets die Mehrheit besessen. Die Vertretung sollte jedoch nur
beratende Stimme haben und vom Landdrosten geleitet werden. Die
Bauern waren mit der Verfassung nicht einverstanden; sie
verlangten Beschlussrecht und wollten ihren Parlamentsleiter
selbst wählen. Sie erklärten daher, dass sie den Landtag nicht
beschicken würden, und blieben ihm 37 Jahre lang fern, so dass der
Landtag zu dauernder Beschlussunfähigkeit verurteilt war, bis man
jedoch zu spät den Widerspenstigen entgegenkam.
1870 wurde das Fürstentum durch die Bahnlinie Hamburg-Stettin
aufgeschlossen. Haltepunkte waren zuletzt: Herrnburg, Schönberg,
Menzendorf, Grieben. Eine Anschlusslinie Schönberg-Dassow wurde
1905 gebaut, doch 1952 wieder stillgelegt.
Neue Chausseen waren nach 1860 nicht entstanden, und die
vorhandenen verfielen. Ebenso wenig wurde für das Schulwesen getan.
Nur das Medizinalwesen wurde verbessert. Bereits seit 1754 bestand
ein Kreisphysikrat und seit Beginn des 19. Jahrhunderts ein
Medizinalkollegium.
Die nach 1900 durchgeführten Reformen waren nicht mehr imstande,
dem fortschrittlichen Zuge der Zeit zu folgen. Gehälter wurden
erhöht, und ein Recht auf Pension wurde den Beamten zugestanden.
Durch Hebung des Lehrerstandes wurde das Schulwesen verbessert
Eine Reform der Verfassung trat im Fürstentum Ratzeburg in Kraft,
indem man die Wünsche der Bauernschaft erfüllte, während sie im
übrigen Mecklenburg an dem zähen Widerstand der Ritterschaft
scheiterte. Man war sich klar darüber, dass Länderparlamente immer
bedeutungsloser wurden, je mehr die Reichsgesetzgebung sich
ausdehnte. 1908 wurde auch in Mecklenburg-Strelitz die
Ministerialverfassung eingeführt. Ein Minister und zwei Staatsräte
bildeten das Ministerium. Reformen auf allen Gebieten begannen: das
Distriktshusarenkorps wurde in eine moderne Gendarmerie
umgewandelt, an Stelle der unübersichtlichen außerordentlichen
Kontributionen trat die Einkommensteuer. Der erste Weltkrieg
unterbrach jedoch die sich anbahnende Entwicklung.
1918 erlosch die mecklenburgisch-strelitzsche Fürstenlinie. Der
Großherzog hatte den Freitod gewählt. Mecklenburg-Strelitz wurde
Freistaat. Das bisherige Fürstentum Ratzeburg erhielt nun den
Namen Land Ratzeburg.